Das veröffentlichte „Grünbuch Digitale Plattformen„ der deutschen Bundesregierung macht deutlich, dass digitale Souveränität als wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung in Deutschland und Europa erkannt ist. Wichtige Fragestellungen, insbesondere was die Nutzung von Daten, ihren wirtschaftlichen Wert und den Schutz der persönlichen Rechte von Nutzern angeht, werden thematisiert und es wird nach Lösungsvorschlägen gefragt. Die Allgemeinheit ist aufgerufen, sich unter https://gruenbuch.de.digital/de/kommentieren/  sich im Jahr 2016 aktiv in die Diskussion einzubringen, da bis 2017 konkrete Handlungsempfehlungen zur Diskussion gestellt werden sollen.

Wirtschaftliche Nutzung und Datensouveränität – passt das zusammen?

Der Konflikt zwischen der wirtschaftlichen Nutzung von Daten und der Souveränität der Einzelnen über ihre Daten wird erkannt und deutlich thematisiert. Speziell die Frage nach der Eigentümerschaft ist unbeantwortet: „Es ist noch weitgehend ungeklärt, wem die Daten zu welchem Teil ‚gehören‘ und welcher Wert ihnen jeweils beizumessen ist.“ Das Beispiel aus der Automobilindustrie veranschaulicht die Problematik sehr gut: „Wer etwa darf beim autonomen Fahren über die Daten verfügen, die der Fahrer und das Fahrzeug erzeugen: nur der Fahrer selbst oder der Automobilhersteller oder ein dritter Serviceanbieter? Aus ökonomischer Sicht ist auch demjenigen ein zumindest anteiliges Recht am Datenwert zuzumessen, der die Daten aufbereitet und kommerziell nutzbar macht.“

Wie auch beim Mobiltelefon ist zu fragen, welche Rechte ein Kunde erwirbt, wenn er/sie ein Auto kauft. Und welche Rechte man abgeben muss, wenn er/sie mit dem Auto auch noch fahren will. Es könnte durchaus sein, dass das Konzept ‚Auto‘ neu zu überdenken ist. Was wiederum Rückwirkungen auf die Autohersteller hat: wie ist der Preis eines Fahrzeugs zu berechnen, das eventuell selbst fährt und mit dessen Daten neue Geschäftsfelder eröffnet werden oder Dienste im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden (Verkehrssteuerung). Die abzusehende Kommerzialisierung von Daten muss daher mit einer Stärkung der Kontrolle durch deren Erzeuger bzw. Eigentümer einhergehen. Wie bereits in „Digitale Souveränität ist Basis für die digitale Transformation der Gesellschaft" gezeigt, geht man auch im Grünbuch von einer Wertzumessung aus, um den Austausch von Daten gegen Dienste/Services vergleichbar zu machen – ein Ansatz, der gut zu dem kommerzialistischen Ansatz passt und, im Gegensatz zu heute, den Datenerzeugern mehr Einfluss geben könnte.

Viele Daten und Privatheit – geht denn das?

Neue Dienste und Geschäftsmöglichkeiten brauchen viele Daten von Vielen. Deshalb werden im Grünbuch Möglichkeiten zur Anonymisierung angesprochen. Auch ein Identitätsmanagement, das die Optionen der Digitalisierung im Sinne der Privatheit nutzt, sollte für die Realisierung der neuen Dienste zur Verfügung stehen. Zum Beispiel könnten bereichsspezifische Identitäten angeboten werden, über die Daten sinnvoll analysiert werden können, ohne die natürlichen Personen eindeutig zu identifizieren. Ein sinnvoller Ansatz, da damit nicht alle Aspekte einer Person zu einem Gesamtbild kombinierbar wären, sofern die Qualitäten der verschiedenen Identitäten ausreichend gut trennbar sind. Dies darf nicht am „vertretbaren Aufwand“ scheitern, da sonst Tür und Tor für den gläsernen Menschen offen wären.

Die geforderte Zweckbindung von personenbezogenen Daten ließe sich vermutlich ebenfalls über geeignetes Identitätsmanagement lösen. Für hoheitliche Belange wird es vermutlich eine Möglichkeit zur Zuordnung von Aliasidentitäten geben müssen. Um Missbrauch auszuschließen sind klare gesetzliche Vorgaben, aber auch die Trennung von anderen staatlichen Stellen notwendig – eine Datentreuhand. Im Grünbuch wird auch von einer „Digitalagentur“ gesprochen. Natürlich kann so ein Konzept nur in demokratisch kontrollierten Gesellschaften funktionieren!

Es wird auch klar erkannt, dass der souveräne Umgang mit der digitalen Welt ganz wesentlich von der Ausgestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstellen (MMI) abhängt. So wird gefragt „Wie sollte die Einwilligung in die Nutzung personenbezogener Daten gestaltet sein, um Transparenz, Verständlichkeit, Übersichtlichkeit und Klarheit zu gewährleisten?“ Auch das Identitätsmanagement muss geeignet gestaltet werden. Wir alle wissen, dass bereits die Mailverschlüsselung uns als Benutzer vor hinreichend große Probleme stellt und deshalb kaum genutzt wird. Man spricht deshalb von Privacy by design und Privacy by default.

Gestalten Sie Ihre digitale Zukunft mit!

Die Grünbuch-Webseite de.digital bietet Möglichkeiten der Einflussnahme und Mitgestaltung. Wir alle sind aufgerufen, uns daran zu beteiligen, wenn wir auf die Nutzung unserer Daten im Internet Einfluss nehmen und nicht als virtuelle „Spielbälle“ wirtschaftlicher Interessen im Internet enden wollen. Wir müssen uns darüber klar sein, dass bereits heute unsere physische Existenz ganz wesentlich über unsere virtuelle Existenz bestimmt wird. Der Digitalisierungsprozess ist in vollem Gang – wir müssen daran arbeiten ihn in unserem Sinn (als Verbraucher, Benutzer, Akteure usw.) zu gestalten.